William Carlos Williams
 
 Gedichte
 

William Carlos Williams (1883-1963), geboren in Rutherford, New Jersey, ist neben T.S. Eliot und Ezra Pound einer der bedeutendsten Lyriker der USA im 20. Jahrhundert. Die hier vorgestellten Gedichte sind dem Band "Der harte Kern der Schönheit" entnommen (Hanser Verlag, München, 1991)

 

Warten

dt. von Karin Graf

  Wenn ich allein bin, bin ich glücklich.
  Die Luft ist kühl.Der Himmel ist
  gesprenkelt und getüpfelt und mit
  Farbe umwunden. Die scharlachroten Adern
  der Sassafrasblätter
  hängen dicht gedrängt vor mir
  in Schwärmen an den schweren Ästen.

  Wenn ich zur Tür hereinkomme
  begrüßt mich
  das glückliche Geschrei meiner Kinder
  und das Herz sinkt mir.

  Ich bin fertig

  
  Sind meine Kinder mir nicht so lieb
  wie fallende Blätter oder
  muß man blöd werden
  um zu altern ?

  Es sieht so aus, als hätte das Leid
  mir ein Bein gestellt.

  Wir werden sehen, wir werden sehen.

  Was wollte ich ihr sagen
  wenn mir geschehen sollte

  wie mir jetzt geschehen ist ?

  

 

Frühstück

dt. von Hans Magnus Enzensberger

  Zwanzig Spatzen
  auf  

  einem Fladen
  Mist:  

  Leben und 
  leben lassen.

  

 

Nur damit du Bescheid weißt

dt. von Hans Magnus Enzensberger

  Ich habe die Pflaumen
  gegessen
  die im Eisschrank
  waren

  du wolltest
  sie sicher
  fürs Frühstück
  aufheben
  
  Verzeih mir
  sie waren herrlich
  so süß
  und so kalt

  

  
 

Die Trauer des Meeres

dt. von Heinz Czechowski

  Dies ist die Trauer des Meeres -
  Wellen wie Wörter gebrochen -
  ein Einerlei steigender fallender Töne.

  Ich lehne, sehe die Einzelheiten des
  leicht vergänglichen Wellenkamms, zarten
  unvollkommenen Schaum, gelben Tang,
  ein Stück wie das andere:

  Da ist keine Hoffnung-außer eine Korallen-
  insel formte sich langsam
  und wartete, es fielen Vögel ein
  und Samen und machten sie bewohnbar

 
 
 

 


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