Kleine Geschichte des Fernsehens
in Deutschland
 
1884 erfindet Paul Nipkow den Vorläufer der Braunschen Röhre, eine spiralförmig gelochte Scheibe, die während einer Rotation Bilder zerlegt und sie anschließend wieder zusammensetzt. Diese Konstruktion ist allerdings für das Fernsehen in seiner heute bekannten und verbreiteten Form unerheblich. Trotzdem wurde Nipkow bei seinem Tod 1940 von den Nationalsozialisten mit einem Staatsbegräbnis geehrt und als Erfinder des Fernsehens gefeiert.
 
Zu diesem Zeitpunkt jedoch nutzten bereits die Nazis das elektronische Fernsehen. Die wirklichen Erfinder und Entwickler des Fernsehens waren Dr.Siegfried Loewe und Manfred von Ardenne. Sie entwickelten die Technologie der Braunsche Röhre und der Kathodenstrahler zur Fernsehtechnik fort. 1931 konnten sie dies bereits in Berlin auf der Funkausstellung präsentieren. Aufgrund von Loewes jüdischer Herkunft aber, ignorierten die Nazis den Erfinder jener Technik, die sie nutzten. 1928 waren die ersten Fernsehervorläufer auf der Funkausstellung Berlin der Öffentlichkeit präsentiert.
 
Die Reichspost und das dieser untergeordnete Reichspostzentralamt gründen 1925 die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG).Ab 1934 forciert die RRG, jetzt dem Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt, die Entwicklung der Fernsehtechnik. Am 22.März 1935 wird in Berlin von RRG und Post der erste Versuchssender der Welt installiert. Am 9.April 1935 werden die ersten Fernsehstuben der Post eröffnet.
 
Hitler unterstellt zunächst die Zuständigkeit für das Fernsehwesen Hermann Göring (Luftfahrtministerium) und dem Postministerium.Im Dezember 1935 aber folgt ein Erlaß, der auch dem Propagandaministerium und Goebbels den Zugriff auf das Fernsehen erlaubt.
Zur Olympiade 1936 wird in 25 Berliner Fernsehstuben täglich ein Programm präsentiert, 1937 gibt es den ersten Fernsehintendanten Hans-Jürgen Nierentz.
Nierentz war zunächst( von Goebbels dazu beauftragt) während des Wahlkampfs 1932 als Berichterstatter mit Hitler durch Deutschland geflogen. Goebbels machte ihn, aufgrund seiner Berichte und Fernsehreportagen zum Reichsdramaturg. 1937 , während des Reichsparteitages in Nürnberg, wurden zum ersten Mal in der Geschichte des Fernsehens eine Konferenzschaltung mit mehreren Kameras durchgeführt.
Noch 1936 in Berlin bei der Olympiade konnte nur jeweils immer eine Kamera eingesetzt werden. Planungen eines Sendernetzes mit 21 Strahlungsanlagen für die Ballungsgebiete, mit Breitbandvernetzung zur Berliner Zentrale, werden durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vereitelt. Der Sendebetrieb in den Fernsehstuben der Post bleibt jedoch erhalten.
 
Die wirtschaftlichen Aspekte hinter der Erfindung des elektronischen Fernsehens, waren schon sehr bald deutlich zu erkennen. Es versuchten zwei Firmen auf dem Fernsehmarkt die Vorherrschaft zu erringen. Zum einen war dies Telefunken, zum anderen die Fernseh AG. Diese war ein Zusammenschluß von mehreren Firmen, unter anderen Bosch, Carl Zeiss und auch Loewe und sein Team standen diesem Anbieter nahe.
Auch die britische Baird Company war zunächst an der Fernseh AG beteiligt, diese verfolgte eher den technischen Ansatz von Nipkow und wurde 1937 aus dem Konsortium ausgeschlossen, weil die Regierung den Anbieter Fernseh AG zwang, alle ausländischen Firmen nicht länger mitarbeiten zu lassen.
Das verwundert kaum, wenn man bedenkt, daß das Luftfahrtministerium und Göring zunächst das Fernsehen nutzen sollten.
Diese entwickelten, vor allem mit Telefunken, kleine Hochleistungskameras und Fernsehtechnologie, welche in der Raketen- und Bombentechnik eingesetzt wurden. Die Nationalsozialisten hatten bereits „Sehende Bomben”, Waffen also, die kameragesteuert ins Ziel gelenkt und stets verbessert wurden und genauer treffen konnten. Nur durch diese Entwicklung ist der recht präzise Beschuß von London mit V2-Raketen ermöglicht worden.
 
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde auch die Fernseh AG in der kriegstechnologischen Entwicklung des Fernsehens aktiver, ihre Produktionsstätten wurden ins abgelegene Sudetenland verlagert. Mit dieser Kriegstechnologie haben beide Firmen mehrere Millionen Reichsmark verdient, allein der Stückpreis für die Minikameras betrug etwa 15 000 Reichsmark.
 
Die nicht-kriegsbedingte Nutzung der Fernsehtechnologie war dagegen fast von untergeordneter Bedeutung. Goebbels war am Fernsehen kaum interessiert, schließlich erreichte es über die wenigen im Reich verstreuten Fernsehstuben der Reichspost zu wenige Menschen. Eine etwas weiterreichende Bedeutung kam mit Fortschreiten des Krieges für das Massenfernsehen auf. Immer regelmäßiger veranstalteten die Nazis für Verwundete und die Lazarette Sendungen zur Zerstreuung und Unterhaltung. Diese fanden meist im Berliner Kuppelsaal statt und wurden vom Fernsehen aufgezeichnet.
 
 Die Entwicklung nach 1945
 
1945 verbieten die Allierten den Fernsehbetrieb, erst 1947 darf die Post ihre Fernseharbeit wieder aufnehmen. Der Verwaltungsrat des NWDR in Hamburg ,des größten und finanzstärksten der sechs von den Allierten ins Leben gerufenen Rundfunkanstalten, beschließt am 13. August 1948 (mit Genehmigung der Briten) die Erlaubnis zu einem Fernsehversuchsbetrieb.
Die Post wird damit zurückgedrängt und bestätigt per Vertrag dem NWDR das Recht, Fernsehsender zu betreiben. 1950 wurde das erste Testbild ausgestrahlt, der Sendebetrieb wurde im Herbst 1950 erneut aufgenommen. Weitere Sender kommen 1951 (Berlin) und 1952 (Köln) hinzu.
 
Am 9.Juni 1950 organisieren sich die Rundfunkanstalten der BRD als „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich- rechtlichen Rundfunksanstalten der Bundesrepublik Deutschland” (ARD).
Eine „Fernsehkommission” informiert sich im Ausland über technische Ent- wicklungen (zB Zeilennorm, März 1952:625 Zeilen), dann, am 27.März 1953 wird ein Fernsehvertrag geschlossen. Demnach sollen zum gemeinsamen Programm 1954 beitragen: 50% der NWDR, 20% der Bayerische Rundfunk(BR) sowie jeweils 10% HR, SDR und SWF. Vom 31. Oktober 1954 ist das ARD- Fernsehprogramm voll funktionstüchtig und auf Sendebetrieb, da diePost zu diesem Zeitpunkt das Sendenetz in Deutschland voll ausgebaut hat.1956 beginnt der Bayerische Rundfunk mit dem ersten Werbeprogramm.
 
Ab 1955 begann die Diskussion um ein zweites Fernsehprogramm, welches die Rundfunkanstalten realisieren wollten, die Bundespost verweigerte zunächst die Frequenzen, weil sie eigne Vorstellungen realisieren wollte.
Im Juli 1960 gründet die Bundesregierung unter Adenauer die „Deutschland Fernseh GmbH”.Diese als privatrechtliche Organisation gedachte Einricht-ung, die unter Staatskontrolle stehen sollte wurde vom Bundesverfassungs- gericht im Februar 1961 (in Übereinstimmung mit Art.5 GG) für verfassungswidrig erklärt.
Dadurch wurde der Bund quasi ausgeschaltet und die Zuständigkeit für das Fernsehprogramm auf die Länderebene festgelegt. Die Regierungschefs der Länder gründeten schließlich am 6.Juni 1961 das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), das im April 1963 seinen Sendebetrieb aufnahm. ARD und ZDF versuchen durch Koordinationsabkommen ihre Programme nach verschiedenen Gesichtspunkten anzupassen und zu unter- scheiden.
In der Zeit von 1964-69 entstanden die Dritten Programme, seit August 1967 gibt es Farbfernsehen, seit 1981 Vormittagsprogramm. Der Aufteilungsschlüssel der Sender (1982): 25% WDR, 19% NDR, 17% BR, 9% SWF und je 8% HR,SFB,SDR und je 3% SR und RB.
 

 


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